H2O - oder Wasser des Lebens?

Professor Lothar Weber

 


Professor Lothar Weber wurde am 24. Juli 1944 in Langenöls / Schlesien geboren. Er besuchte die Martin-Luther Schule in Marburg / Lahn, wo er am 4. März 1964 die Reifeprüfung ablegte. Nach seinem Grundwehrdienst studierte Professor Weber in den Jahren 1965 - 1970 das Fach Chemie. Im Juni 1970 erhielt er sein Diplom in Chemie. Seine Doktorarbeit fertigte er von 1970 - 1973 im Fach Anorganische Chemie an. Die Promotion zum Dr. rer. nat. erfolgte im Juli 1973. In den Jahren 1974 und 1975 arbeitete Professor Weber als Postdoktorand am „Chemistry Department" der Universität von Wisconsin in Madison. Er habilitierte 1981 an der Universität Essen mit einer Arbeit aus dem Bereich der Metallorganischen Chemie. Seit 1988 ist er als Professor für Anorganische Chemie an der Universität Bielefeld tätig.

Professor Weber ist seit 1973 verheiratet und hat zwei Kinder.


H2O - oder Wasser des Lebens? Gedanken eines Naturwissenschaftlers zum christlichen Glauben

Das Thema meines Vortrages lautet: H2O oder Wasser des Leben? Wenn man diesen Titel hört, fragt man sich sicherlich, was das Wörtchen „oder" hier zu suchen hat. Was soll denn hier gegeneinander ausgespielt werden?

Jeder, der schon einmal etwas von Chemie gehört hat, weiß, daß H2O die chemische Formel für Wasser ist. Ein Titel wie etwa: H2O ist das Wasser des Lebens würde uns schon viel eher einleuchten. Und auch die Biologen unter uns würden hier sofort zustimmen. Jawohl, genauso ist es: „Ohne Wasser ist organisches Leben undenkbar. Einige wirbellose Meerestiere bestehen bis zu 97% aus Wasser und auch die Massenanteile des menschlichen Embryos betragen in den ersten Lebensmonaten etwa 93%."

Andererseits scheiden wir Menschen ständig Wasser über die Haut und über die Nieren aus. Bevor es aber bei einem gesunden Menschen zu einem lebensbedrohlichen Wassermangel kommt, meldet sich der Körper unmißverständlich - wir haben Durst.

 Mein Vortrag heißt nun aber nicht: H2O ist Wasser des Lebens; sondern H2O oder Wasser des Lebens. Was ist damit gemeint?

Bleiben wir doch beim Durst und erlauben Sie mir die Frage: „Haben Sie schon einmal Lebensdurst verspürt - so als ein Signal aus Ihrem Inneren nach etwas, das Ihr Leben lebenswert macht und das für Ihr Leben im wahrsten Sinne Lebensnot-wendig ist - ja bei Ihnen die Not des seelischen Verdurstens abwendet? - Ich schon! Und wenn wir ehrlich sind, hat das jeder von uns schon verspürt. Daß wir Menschen alle etwas vom Leben wollen, weiß auch die Unterhaltungsindustrie und sie bietet für den reichen Markt jede Menge an. Die Rheinländer haben in diesem Zusammenhang sogar „drei tolle Tage" erfunden. Der Phantasie sind hier offensichtlich keine Grenzen gesetzt.

Wenn wir aber weiter ehrlich bleiben - dann müssen wir uns doch eingestehen, daß der Zustand des Erfülltseins meist nur von kurzer Dauer ist - und daß der Durst nach erfülltem, sinnvollem Leben eigentlich nie so richtig und dauerhaft gestillt wurde.

Deshalb nochmals meine Frage: H2O oder Wasser des Lebens? Und jetzt meine ich das Leben unserer Seele. Wo gibt es dieses Lebenselexier für den inwendigen Menschen?

Und da zeigt uns die Bibel - das ist Gottes Wort - und darin stehen viele kluge Dinge über uns Menschen - einen Weg.

Da lesen wir nämlich, daß Gott um unseren Lebensdurst weiß - und mehr noch, daß er diesen Durst so gründlich stillen will, daß er nicht ständig aufs neue entsteht.

Gott beantwortet unseren Durst nach Leben - und da meine ich wieder erfülltes und sinnvolles Leben - nicht mit einem speziellen Getränk - sondern mit einer Person: mit Jesus, dem gekreuzigten und auferstandenen Gottessohn, der die Mauer zu Gottes Vaterherz, zu seiner Gemeinschaft niedergerissen hat und der von sich behauptet: „Ich bin das Wasser des Lebens. Wer mich hat, den wird nie mehr dürsten!"

Ich finde dieses Angebot aufregend! Da hat sich jemand mal wirklich etwas Originelles einfallen lassen. Aber wie gehe ich damit um? Wie kann ich das für mich umsetzen?

H2O - lebenswichtiges Wasser für unseren Organismus, für unsere Biologie! Kein Thema - das können wir problemlos akzeptieren - aber Jesus als Wasser des Lebens für den seelischen, geistlichen Menschen, so eine Aussage ist für viele von uns eine harte Nuß. Wie paßt das zusammen? Heißt das: „oder" in meiner Vortragsüberschrift nicht vielleicht: Eines oder das andere: Entweder Biologie, Chemie, Naturwissenschaft oder alternativ und unvereinbar: Glauben an Jesus als den einzigen, von dem die Erfüllung meines Lebens abhängt?

Wie kann überhaupt so ein aufgeklärter moderner Mensch wie ein Naturwissenschaftler - und ich bin ein begeisteter Chemiker - an den gekreuzigten und auferstandenen Jesus glauben, und daran, daß dieser Jesus uns den Weg zum Vaterherzen Gottes frei gemacht hat. Das ist ja etwas, womit viele Zeitgenossen große Probleme haben.

Ich, jedenfalls, habe keine Probleme damit und warum, das möchte ich Ihnen gerne erzählen. Lassen Sie uns zunächst gemeinsam ein wenig über das Wesen von Wissenschaft nachdenken.

Am Anfang war der Mensch, der in einer Umwelt voller Vielfalt und Rätsel eingebettet war - und am Anfang war die Neugier: die Frage nach dem wie und warum. Warum fällt ein Apfel vom Baum auf die Erde? Warum steigen lebendige Vögel in den Himmel auf, während tote auf die Erde zurückfallen? Warum gibt es Tag und Nacht - Sommer und Winter? Was steckt eigentlich hinter dem allen?

Gewöhnlich hat der Fragende daraufhin die ihn interessierenden Phänomene mit den ihm zur Verfügung stehenden Methoden untersucht und die dabei gewonnenen Ergebnisse mit der ihm eigenen Vorbildung in der ihm eigenen Sprache ausgedrückt. Und wir merken schon: Der Mensch hat bis dahin eine ganze Menge Voraussetzungen gebraucht: Methoden, Vorbildung und Sprache. Er hat eigentlich schon ein großes Stück Wissenschaft getrieben, aber losgelöst bzw. unabhängig vom Menschen, scheint das nicht zu gehen.

Lassen Sie uns allgemein festhalten: Wissenschaft ist nichts anderes als die Beschäftigung mit einem Wissensgebiet (in Forschung und Lehre), wobei die ureigenste Motivation des Wissenschaftlers der Hunger nach Erkenntnis und Verstehen ist. Ich möchte mich in meinen weiteren Ausführungen auf die Naturwissenschaften Chemie und Physik konzentrieren, ganz einfach deshalb, weil ich mich hier am besten auskenne.

Die Chemie beschreibt ganz allgemein die Eigenschaften von Stoffen, ihr Entstehen und ihre Umwandlung ineinander, während die Physik die Lehre von den Zuständen und den Zustandsänderungen ist. Wenn sich der Chemiker mit einem Problem, etwa mit der Frage beschäftigt: Welche chemischen Eigenschaften hat eine von ihm neu hergestellte Substanz, so stellt er seine Fragen in der Regel an die Natur selbst. Das heißt er macht Experimente. Dabei geht er nach von ihm selbst oder von anderen entwickelten Arbeitsmethoden und Meßvorschriften vor. Ob das intelligente Methoden und Experimente sind, die ihm schließlich eine sinnvolle Antwort auf seine Frage liefern, ist damit noch nicht gesagt. Die Methoden und Instrumente sind häufig nur so gut wie die Leute, die sie entwickelt haben.

Aus einer Serie von Experimenten erhält der Forscher Ergebnisse, die er versucht, in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Er ist bemüht, bei seiner Deutung etwas Wiederkehrendes, Gemeinsames, ein Muster oder eine Gesetzmäßigkeit herauszulesen, die er schließlich dann auch formuliert.

Auch hier bitte ich zu beachten, daß die individuelle Vorbildung, die Geschichte der Wissenschaft und auch der Zeitgeist dabei eine wichtige Rolle spielen. Und dann kommt noch etwas Überraschendes hinzu: nämlich der Glaube, daß sich hinter den studierten Phänomenen überhaupt Gesetze verbergen. Das hat W. Stegmüller so ausgedrückt:

Man muß nicht das Wissen beseitigen, um dem Glauben Platz zu machen. Vielmehr muß man bereits etwas glauben, um überhaupt von Wissen und Wissenschaft reden zu können. Es sind dies apriorische Voraussetzungen (Basissätze, Axiome, Prämissen), deren Gültigkeit nicht bewiesen werden kann, und die durch Konvention anerkannt werden. Also nochmals: Eine absolute, unvoreingenommene, neutrale und vom Menschen losgelöste Wissenschaft gibt es nicht - das sollte uns klar sein.

Lassen Sie mich nun etwas konkreter werden: Sicher hat sich auch jeder von uns schon einmal gefragt, warum ein von uns in die Höhe geschleudeter Stein immer wieder auf die Erde zurückfällt und nicht im Himmel verschwindet? Warum fällt der Mensch in Australien nicht in die unendlichen Tiefen des Weltalls? Von uns aus gesehen klebt er doch mit den Füßen und dem Kopf nach unten an der Erdoberfläche.

Bereits im 17 Jhd. hat sich der Engländer Isaac Newton mit diesem Problem beschäftigt. Wenn ich etwas zu mir herziehen möchte, bedarf es einer Kraft. Das war ihm klar. Denken Sie ans Tauziehen: da rückt auch nur der näher, der mit der größeren Kraft angezogen wird. Newton taufte die Kraft, mit der der heruntergefallene Apfel angezogen wird, Schwerkraft oder Gravitation. Er fand heraus, daß die Schwerkraft von den Massen beider Körper, die sich anziehen, abhängt. Sind die Massen groß, so ist auch die Anziehung, die sie aufeinander ausüben, groß. Newton fand weiter heraus, daß die Schwerkraft zusätzlich vom Abstand beider Massen beeinflußt wird. Bei einem sehr großen Abstand ist die Anziehung sehr klein, bei kleineren Abständen entsprechend größer. Seine Beobachtungen hat Newton mit der Mathematik seiner Zeit beschrieben und damit eine Theorie, nämlich die von der Gravitation aufgestellt. Diese Theorie wurde immer wieder überprüft und dabei als zutreffend erkannt. Nie hat ein Experiment das Gegenteil bewiesen und so wurde Newtons Theorie von der Schwerkraft zum Naturgesetz. Doch lassen Sie uns jetzt ganz genau hinschauen, was Newtons Gesetz aussagt - und auch ganz genau darauf, was es mit Sicherheit nicht beantworten kann und auch nicht beantworten will.

Mit Newtons Gesetz ist das Phänomen der Schwerkraft sauber beschrieben, aber warum sich Massen anziehen, was also der tiefere Grund für die Gravitation ist, das hat man bis heute nicht recht verstanden.

  1. Man beobachtet eine Wirkung, nämlich die Anziehung
  2. Man erkannte eine Ursache: die Masse

Das Prinzip von Ursache und Wirkung war erfüllt.

Und das ist bei vielen physikalischen Vorgängen der Fall: man bescheidet sich damit, Zusammenhänge nach Ursache und Wirkung aufzuklären und mit Hilfe einer Theorie (in Form eines mathematischen Ausdruckes) zu beschreiben. Dies ist von vielen Wissenschaftlern leicht nachprüfbar, an vielen Orten und zu jeder beliebigen Zeit. Hier wird ein Wissenschaftskriterium offensichtlich: die Reproduzierbarkeit. Messungen, Beobachtungen und Ergebnisse müssen nachvollziehbar sein. Tritt einmal und auch nur ein einziges Mal ein widersprüchliches Ergebnis zutage, dann ist die Theorie falsifiziert und hat einer besseren zu weichen. Sie sehen: eine gute Theorie muß leicht überprüfbar und falsifizierbar sein. Überlebt sie dies immer wieder, dann wird sie zum Naturgesetz. Man kann das an einem Beispiel leicht erkennen. Der Satz: „Alle Schwäne sind weiß", wird nicht dadurch erhärtet, daß auch ich einen weißen Schwan entdecke, aber er wird sofort falsifiziert, wenn der erste schwarze Schwan auftaucht.

Und hier füge ich als persönlichen Kommentar hinzu: reproduzierbar oder falsifizierbar dann, wenn auch alle hierzu gegebenen Versuchsvorschriften vom Prüfer strikt eingehalten werden. Solche zuverlässigen und jederzeit nachprüfbaren und niemals widerlegten Erkenntnisse aus der Physik flossen in die Technik ein. Ich finde, es ist beruhigend zu wissen, daß der Flieger, in dem ich gerade sitze, wieder sicher landet, so wie er das vorher auch immer zu tun pflegte (und meine kleine Anmerkung: wenn er dann vorschriftsmäßig gewartet, betankt und geflogen wird).

Gehen wir weiter: Um die Jahrhundertwende erfaßte die von Aufklärung und Materialismus geprägten Physiker eine Anwandlung von Hochmut. Die Strömung dieser Zeit wird uns in einer kleinen Anekdote klar: Max Planck erzählte in der Oberprima seinem Physiklehrer stolz, daß auch er Physik studieren wolle. Der riet ihm mit der Bemerkung davon ab, daß die gesamte Physik in Kürze vollkommen verstanden sein werde. „Da gibt es nichts mehr für Sie zu forschen, Planck. Wir haben die Wärmelehre und Akustik auf die Mechanik zurückgeführt und auch die Elektrizitätslehre ist größtenteils als die Mechanik von Elektronen zu verstehen. Da gibt es wohl noch ein paar Probleme beim Verständnis des Lichtes, aber bis Sie Ihr Studium beendet haben, sind auch diese mit Sicherheit gelöst," so lautete die Antwort des Schulmeisters. Aber alles sollte anders kommen. Planck ließ sich von seinem Vorhaben nicht abschrecken und studierte Physik. Und gerade er schuf die experimentelle Grundlage, die zur Kapitulation der klassischen Physik und auch des Prinzips von Ursache und Wirkung führte. Planck entdeckte, daß sich Licht sowohl als Welle wie auch als Teilchen benimmt, je nachdem, welches Experiment er mit Licht durchführte. Oder genauer gesagt: Er beobachtete, daß man bei dem einen Experiment Licht am besten als Partikel, bei dem anderen aber besser als Welle zu verstehen hatte. Einstein hat den Sachverhalt mathematisch beschrieben und damit zum Ausdruck gebracht, daß jedem Teilchen eine Welle bestimmter Energie zu kommt, und daß man umgekehrt auch für jede Welle ein Teilchen derselben Energie annehmen kann. Diese Teilchen oder Energiebündelchen nannte man Quanten. Das war in unserem akzeptierten Denkschema schwer vorstellbar: Eine entweder / oder Argumentation, wie sie die klassische Physik unterstreicht, war nicht mehr möglich, nein - mehr noch - sie war schlichtweg falsch. Das entweder / oder der klassischen Physik wird im Mikrobereich durch die Vorstellung des sowohl / als auch ersetzt. Aber bitte nicht hintereinander, sowie himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, sondern zum exakt gleichen Zeitpunkt. Die bis dahin nahezu lückenlos gültige Logik der klassischen Physik mit ihren Prinzipien und Gesetzen war hier an die Grenzen ihres Geltungsbereiches angelangt.

Für die korrekte Beschreibung des Mikrokosmos, des Atombaus und darüber hinaus auch der chemischen Bindung bedurfte es einer völlig neuen Logik mit neuen Grundannahmen, Basissätzen und Axiomen. Man fand damit Ergebnisse, die sich oftmals nur noch durch mathematische Funktionen ausdrücken ließen. Ihre Bedeutung konnte man sich bildlich kaum noch vorstellen. Ich möchte das an nur einem, allerdings sehr eindrucksvollen, Beispiel näher erläutern:

Man wußte schon lange, daß durch eine mit Wasserstoffgas gefüllte Röhre beim Anlegen einer genügend großen elektrischen Spannung ein Strom fließt und daß diese Röhre (ähnlich wie unsere Neonröhren) Licht aussendet. Zerlegt man dieses Licht in seine Komponenten (so wie das Sonnenlicht an den Regentropfen zu einem Regenbogen zerlegt wird), stellt man mehrere Serien dicht beieinander liegender Linien von ganz bestimmter Wellenlänge und ganz bestimmter Energie fest. Im Jahre 1913 gelang es Nils Bohr, dieses sogenannte Linienspektrum des Wasserstoffs erstmals zu deuten, und er verwendete hierzu ein Modell aus der klassischen Physik. Ohne das beweisen zu können postuliert er, daß der Aufbau der Atome mit einem winzigen Sonnensystem zu vergleichen ist. Wie die Planeten auf verschiedenen Bahnen die Sonne umkreisen, so sollen negativ geladene Elektronen als winzige Teilchen - als Minisatelliten sozusagen - den positiv geladenen Atomkern umkreisen. Beim Wasserstoffatom gibt es nur ein Elektron und das kreist auf der innersten Bahn um den Atomkern. Dieser Zustand ist am stabilsten, denn entgegen gesetzte elektrische Ladungen ziehen sich an. Wird nun dem Atom Energie zugeführt - wie das bei der Entladung einer Leuchtstoffröhre der Fall ist - so wird das Elektron gewaltsam auf eine höhere Umlaufbahn geschossen. Dabei nimmt es Energie auf. Beim Zurückfallen in den stabileren und bevorzugten Grundzustand in Kernnähe wird genau dieser Energiebetrag (also jener der zuvor für den Sprung auf die höhere Bahn gebraucht wurde) wieder frei und als Lichtquant ausgesendet. Mit diesem vertrauten Modell konnte Bohr sämtliche Linien des Wasserstoffspektrum deuten und die zugehörige Energie richtig berechnen. Bohrs Modell jedoch war kein naturgegebener Tatbestand, sondern ein von Menschen geschaffenes Bild und hatte gravierende Fehler. Es waren Fehler, die Bohr - denn er war ein kluger Kopf - natürlich kannte. Ihm war vollkommen klar, daß eine kreisförmig bewegte elektrische Ladung einen Strom darstellte, der elektromagnetische Strahlung erzeugt und abgibt. Elektromagnetische Strahlung aber ist Energie, um die das Atom verarmen müßte. Damit sollte die Umlaufbahn des Elektrons eigentlich immer enger werden, bis es schließlich in den Kern hineinstürzt. Genau das passiert aber nicht !

Dies hatte Bohr veranlaßt, zur Stützung seines Modells zusätzlich Postulate zu formulieren, die genausowenig wie sein Grundmodell vom Atom als Pseudosonnensystem zu beweisen waren. Die klassische Physik mit ihren Basissätzen und ihrer Logik hatte bei der allumfassenden und widerspruchsfreien Beschreibung des Wasserstoffatomes offensichtlich versagt, und der Fehler lag nicht in der Natur selbst, sondern in unserem Denken. Er lag darin begründet, daß wir ein Elektron mit einem Planeten gleichsetzen, bei dem man zu jedem Zeitpunkt genau Ort und Impuls bzw. zu jeder Zeit dessen Energie und Richtung angeben kann. Was lernen wir hieraus?

Der Naturwissenschaftler schafft sich zur Interpretation experimenteller Befunde zunächst ein Modell, ein Konzept, also Grundannahmen, denen er vertraut. Beobachtungen, Befunde fließen auf dem Boden dieser Grundannahmen zu einer Theorie zusammen, die sich dann einer sachlichen Überprüfung stellen muß. Wird sie falsifiziert - ihr also einmal überzeugend widersprochen, so hat sie zu weichen und neuen Basissätzen und Theorien Platz zu machen. Trotzt sie allen Überprüfungen, so wird sie schließlich zum Naturgesetz. Damit erschließt unsere Vernunft die Welt des Sichtbaren und die von ihr erfaßbaren Phänomene. Die Vernunft versucht ein Stück Wahrheitsfindung zu betreiben.

Sehen Sie und nun komme ich zu den Wörtlein oder in der Überschrift meines Vortrages: zu der Wahrheit des lebendigen Gottes, die unser Dasein oft auch ohne unser Gewahrwerden beeinflußt - mit der wir aber so wenig anfangen können und mit der wir uns oft so schwer tun. Viele Menschen berufen sich auf ihre Vernunft und ihre wissenschaftliche Bildung, die es ihnen angeblich unmöglich macht, an den Gott der Bibel zu glauben. Da müßte ich sofort einhaken und fragen: Werter Freund, von welcher Wissenschaft sprechen Sie denn da? Von jener Physik des vergangenen Jahrhunderts etwa, die die Aussagen der Bibel als undenkbar und unmöglich, unvereinbar mit ihrer Erkenntnis, wegfegt und doch selbst so kläglich bei dem Verständnis der physikalischen Wahrheit des Mikrokosmos versagen mußte? Auf dieses Debakel hat der Naturwissenschaftler und Philosoph Jordan 1952 den Satz der doppelten Verneinung angewendet und gesagt: „Die neuen (physikalischen) Erkenntnisse verneinen das alte Naturbild, das seinerseits trotz aller philosophischen Ausflüchte, auch wenn sie noch so scharfsinnig waren, Gott verneint hat. Wenn wir diese doppelte Verneinung hervorheben, so haben wird auf das Entscheidende der heutigen Lage hingewiesen, ohne mehr zu sagen als auch nur ein vorurteilsfreier Atheist, wenn er die heutige Naturwissenschaft kennt und versteht, zugeben muß. Sein Atheismus, der 1900 noch durch die gesamte Naturwissenschaft begründet erschien, ist heute eine nur auf sich selbst stehende Glaubensmeinung."

Ich müßte jetzt mal langsam zur Sache kommen! Ich behaupte: „Da gibt es eine Welt Gottes, eine Wahrheit, die mit der Vernunft, und mit der Logik von Ursache und Wirkung nicht zu erfassen ist, und die dennoch für uns ungeheuer viel bedeutet, und die über nichts weniger entscheidet als über unser Heil oder unsere Verlorenheit in aller Ewigkeit." So jedenfalls sagt das die Bibel.

Wie finde ich nun heraus, was in dieser Welt Sache ist, was bei Gott gilt und wie ich damit umgehen kann und darf? Nun, ich bin Naturwissenschaftler und das bedeutet, daß ich auch hier systematisch vor gehe. Ich stelle mir nämlich wieder die Frage: Wie finde ich heraus, wie ich vor Gott da stehe, wie ich mit ihm in Kontakt komme? Wie erfahre ich, daß er mich liebt wie sein Kind, und jeder von uns, der ein eigenes Kind hat, weiß was das bedeutet, Vater oder Mutter zu sein: Das heißt doch, daß einem das Herz entbrennt für seine Kinder, daß man sie liebt mehr als alles in der Welt.

Ja, da kommt wieder die selbe Methodik zum Tragen - ich brauche Grundannahmen und Basissätze, an die ich glauben muß, bevor ich mein erstes - und jetzt hören Sie gut zu - bevor ich mein erstes Experiment mache. Die Basisannahme, an die ich als Wissenschaftler immer glaube, und die ich zunächst nicht beweisen kann ist die: der lebendige Gott hat sich in seinem Wort, der Bibel, offenbart - dieses Buch ist wahr, auch wenn das viele von vornherein stört. Basissätze fallen erst, wenn sie falsifiziert werden, nicht wenn sich unsere Nerven daran reiben. Gut, wenn das akzeptiert ist, können wir mit dem Experimentieren beginnen. Hierzu noch eine Vormerkung: Wer bestimmt eigentlich, mit was für einem Kraftstoff Ihr Auto fährt? Sie, der gerne Geld sparen, und deshalb auch Wasser, weil es am billigsten ist, tanken würde - oder ein ehrgeiziger Ökonom, der sagt: „Nimm Ether oder Alkohol, das ist billiger - bzw. du kannst auch Benzol benutzen, da ist der Kohlenstoffanteil höher, das gibt mehr Energie bei der Verbrennung!"

Nun wissen wir alle, daß eine solche Fragestellung dümmlich ist. Mit Wasser fährt unser Wagen nicht, er rostet bestenfalls. Mit Ether wird wohl der Motor explodieren und Benzol führt schließlich zum Verrußen von Kerzen, Ventilen usw. Der erfahrene Autofahrer würde mir ganz richtig auf den Kopf zu sagen: „Mann, den Kraftstoff, den hat doch der Konstrukteur des Motors sauber festgelegt und ich wäre doch bescheuert, wenn ich mich nicht daran halten würde. Ich kann mir doch nicht dauernd ein neues Auto kaufen."

Was kann ich dazu sagen? Der Mann gefällt mir, denn er hat etwas wesentliches verstanden: Der Konstrukteur bestimmt den optimalen Kraftstoff meines nur einmaligen Lebens - der Konstrukteur und unser Basissatz - die Bibel -nennt diesen mit Namen - er ist der Gott Abrahams, Isaacs und Jakobs, der Gott Israels, der Vater unseres Herrn und Heilands Jesus Christus. So, und wenn das so ist, und an dieser Stelle bin ich knallhart, dann hat er uns auch die Methode und die Logik vermittelt, wie wir das, jeder für sich selbst, aber unabstreitbar und überzeugend, erfahren können. Dazu hat er uns die Versuchsvorschrift in die Hand gegeben - wie ein seriöser Naturwissenschaftler, der sich vor der Überprüfung seiner Aussagen nicht zu fürchten braucht und jeden, dem es ernst darum ist, auch zu einer solchen Überprüfung einlädt. Oder lassen Sie es sich nochmals an einem anderen Bild zeigen. Nicht wahr, wenn Sie eine Schraube aus der Wand ziehen wollen, dann nehmen Sie doch mit Sicherheit nicht einen Hammer, sondern eine Schraubenzieher. Und wenn Sie umgekehrt den Nagel in die Wand treiben müssen, greift Ihre Hand doch hoffentlich ohne Zögern zum Hammer. Auf das richtige Werkzeug, die richtige Methode, die richtige Versuchsvorschrift kommt es also an. Und will ich Erkenntnis göttlicher Wahrheit, dann liefert mit die Bibel auch die Information vom richtigen Werkzeug. Es lautet:

„Wir müssen uns vertrauensvoll auf Gottes Weisungen und Verheißungen einlassen, um ihn in unserem Leben zu erfahren."

Wenn Sie herausfinden wollen, ob Sie mit einem Menschen leben können, geht das auch nicht am grünen Tisch in Ihrem Denkerzimmer. Und Sie finden es auch nicht mit der Stoppuhr oder dem Maßband heraus. Hier gibt es nur eine brauchbare Methode. Sie müssen sich eine Zeit lang auf den anderen einlassen, ein Stück des Weges mit ihm gehen, sich dem anderen mit der ganzen eigenen Existenz aussetzen - das ist zugegebener Maßen spannend und riskant zugleich, aber billiger ist das nicht zu haben! Und ich weiß, daß wir auch nur so herausfinden, ob die Bibel wirklich Gottes Wort an mich ist, ob ihre Verheißungen tragen, ob der Trost unter dem Kreuz des Erlösers wirklich tröstet und auch, ob der auferstandene Heiland mein kaputtes Leben wirklich heilen kann, ob er ihm Sinn und stabilen Grund verleiht. Dazu als Illustration eine hochaktuelle Begebenheit:

Wir stehen an einem sonnendurchfluteten Morgen am Ufer des Sees Genezareth. Jesus hat vom Boot aus zu einer großen Menschenmenge gewaltig gepredigt und wendet sich nun der Not des Simons zu. Der hat nämlich eine ganze lange Nacht umsonst gefischt und seine Familie hat für diesen Tag nichts zu essen - der Mann war müde, frustriert - fix und fertig - das kennen wir doch alle, nicht wahr. Jesus wendet sich nun Simon zu und sagt: „Fahre auf die Höhe, werf die Netze aus, damit Du eine anständigen Fang machst."

Petrus braust auf, das konnte der nämlich gut: „Meister, ich bin doch hier der Fachmann. Woher willst du als Wanderprediger und Zimmermann eigentlich wissen, wie man am besten fischt."

Aber da erstickt der Einwand des Fischers, und er hört auf, zu protestieren und zu diskutieren. Er bringt nur noch den Satz über die Lippen: „Auf Dein Wort hin will ich es wagen." Und wir wissen alle, wie das ausging. Petrus machte den größten Fang seines Lebens. Und mehr noch: Petrus machte auch die größte Entdeckung seines Lebens. Er erkannte im Licht des Herrn sein verdorbenes, von Sünde verkommenes Herz und muß feststellen, daß er und der lebendige Gott so nicht zusammen passen. Er stammelt nur noch: „Weiche von mir Herr, denn ich bin ein sündiger Mensch - hau ab, ich halte Deine göttliche Gegenwart nicht aus." Und jetzt kommt das Unbegreifliche, das wirklich Wunderbare an unserem Herrn: Gerade die, die an ihrem zerbrochenen Herzen leiden und zugrunde gehen, die sich nach Friede mit Gott sehnen, die nimmt der Heiland an. Diese Leute ziehen ihn mit großer Kraft an, denn für die ist er von seinem himmlischen Thron in das tiefste Elend unserer Welt herabgestiegen: um zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.

Hätte das Petrus jemals erfahren, wenn er statt zu antworten „auf Dein Wort hin", mit Jesus diskutiert hätte, so im Sinne der historisch-kritischen Textanalyse der modernen Theologen? Es hätte mit Sicherheit einen hochinteressanten Disput mit vielen wissenschaftlich wertvollen Gedanken gegeben. Ich sehe die Bibliotheken, die mit Doktorarbeiten und anderen klugen Büchern über diese Unterredung gefüllt wären. Eines aber, liebe Freunde, ist auch sicher: Jesus als seinen persönlichen Heiland hätte Petrus dabei niemals gefunden.

Lassen Sie es mich ganz deutlich, ganz unmißverständlich sagen: Es lohnt sich, den lebendigen Gott beim Wort zu nehmen und mit ihm zu rechnen. Sie werden wie ich Wunder dabei erleben.

Professor Lothar Weber: lothar.weber@HRZ.Uni-Bielefeld.de